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Der neue Glossenhauer

Was du nicht sagst

9.Dezember 2023

Der Dialekt hat wirklich wunderschöne Begriffe. Jeder.
„Hannebambel“ etwa im Hessischen. Oder auch „Gscheidhaferl“ im Bayerischen oder das wunderschöne „Nonanet“ (Kurzform: „Nona“) im Wienerischen.
Zum besseren Verständnis: Das hessische Wort heißt soviel wie „Depp“ oder „Trottel“, das bayerische etwa „Klugscheisser“ oder „Besserwisser“ und der wienerische Ausdruck ist eigentlich nicht eins zu eins übersetzbar. Er ist so etwas wie die gelangweilte Antwort auf Nachrichten, die keine Neuigkeiten sind. Im Hochdeutschen also ungefähr „Was Du nicht sagst“.

„Der Papst ist katholisch!“ - „Nonanet“,
„Die K.I. kommt mir so unmenschlich vor!“ - „Nonanet.“,
„Der Weihnachtsmann ist ein Cyborg, den Coca-Cola in die Welt gesetzt hat, um aus Kindern schokoladesüchtige, gehirnamputierte Serienmörder zu machen.“ - „No… nochmal…. was hast Du gerade gesagt?“

Das Nonanet ist also in seiner Verwendung also sehr spezifiziert. Es ist nur für eine Sache geeignet, aber für diese sehr gut. Das „No na net“ ist sein eigener Vollprofi.

 
Abschweifung:
Deshalb muß an dieser Stelle dem Gerücht entgegen getreten werden, dass „No na net“ am Schluß der wienerischen Bezeichnung der Stammtöne der Tonleiter steht. Selbstverständlich singt man auch in Wien immer nur: „Do - Re - Mi - Fa - Sol - La - Si - Do“ und nicht: „Heast - Geh - Leck - Passt - Eh - No - Na - Net“. Dies nur der Vollständigkeit halber.
Ende der Abschweifung.

Und dieser Tage kann man das „No na net“ sehr gut und oft gebrauchen.
Denn es häufen sich gerade Meldungen, die eigentlich nichts anderes als Reaktion zulassen:
„Wladimir Putin kandidiert wieder als für das Amt des russischen Präsidenten.“ - „No na net.“
„Die AfD in Sachsen ist gesichert rechtsextrem.“ - „No na net.“
„Die Öl-Staaten wehren sich auf der Welt-Klima-Konferenz gegen ein CO2-Verbot.“ - „No na net.“

Wobei ich hier keineswegs die Welt-Klima-Konferenz klein reden möchte.
Nein, die Staaten und Institutionen dort versuchen etwas bahnbrechendes. Die probieren unter größten Kraftanstrengungen ein im Grunde physikalisches Problem (Erderwärmung) mit finanziellen Mitteln (Katastrophenfond) zu lösen.

Das ist wirklich einzigartig! Das ist in etwa so, als würde man versuchen einen Wasserrohrbruch im Stock darüber zu stoppen, in dem man laut philosophische Werke der europäischen Aufklärung wiederholt rezitiert. Klingt verrückt? Aber heißt nicht auch ein beliebtes Installateur-Werkzeug Vier-Kant-Schlüssel? Eben.

Das kann doch auch gut gehen. Warum nicht auch beim nächsten Platten (wienerisch: „Patschn“) am Fahrrad, Reifen und Schlauch mit mit Opernarien beschallen, solange bis die Luft-entlassende Lücke wieder zugewachsen ist? Dauert vielleicht, aber wenn wir international zusammen stehen und mitsingen, könnte das - so wie beim Fond für Klimaschäden - funktionieren.

Lasst uns auch die nächste Hangrutschung aufgrund von tagelangem Starkregen einfach mit einer Mathematik-Olympiade aufhalten. Auch wenn die PISA-Ergebnisse gerade zu wünschen übrig lassen, könnte das klappen. (Das Bildungsdesaster lässt sich im übrigen sicher durch regelmäßige Sauna-Besuche eindämmen.)

Wir brauchen unkonventionelle Lösungen für klar umrissene Probleme. Gedichtinterpretationen gegen Dürrekatastrophen. Ballonfahren gegen Fremdenhass. Tanzworkshops gegen das Wettrüsten. Yoga wider das Handelsbilanzdefizit.
Oder Gesprächstherapie gegen das Haushaltsloch!

Klingt neu, crazy, weird oder vielleicht sogar komplett meschugge, aber in der deutschen Bundesregierung arbeitet man anscheinend schon mit solchen Methoden.
Wozu lehrt man denn auf den Universitäten seit Jahren fächerübergreifende Studien, wenn man nicht auch mal fächerübergreifende Lösungen anbietet? Also: Was tun gegen hungernde Kinder in Wohlstandsgesellschaften? Na? Logisch: Pilates fürs obere Management.

Explodierende Schwermetall- und Feinstaubbelastungen in Ballungsräumen? Dagegen hilft der Romanerstling einer burmesischen Tennisspielerin. Und dass Chorsingen in Alpentälern gut ist gegen Müllinseln in den Weltmeeren versteht sich jetzt wohl von selbst.

Also wenn die „internationale Gemeinschaft“ jetzt recht viel Geld in einen Fond stopft und gleichzeitig ein tausendfaches davon in Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen, die schön CO2 in die Luft blasen, dann werden wir, unsere Kinder (die wir jetzt gerade noch mit Plastikspielzeug versuchen zu bestechen) oder unsere Kindeskinder eines Tages aufs Thermometer schauen und sagen:
„Hoppala! Es hat ja über 50 Grad! Das ist aber ganz schön heiß!“

Dann wird irgendjemand vielleicht antworten:
„No na net.“ - „Gscheidhaferl!“
„Hannebambel.“