Severin Groebners Newsletter
Groebners neuer Glossenhauer
Der neue Glossenhauer

Cancelt is’!

21. September 2025

Viele Menschen mögen ja Alkohol. Aus mehreren guten Gründen.
Erstens macht er körperlich und psychisch abhängig, zweitens ist er ein fieses Zellgift und drittens verliert man mit zunehmendem Alkohol-Konsum die Kontrolle über das eigene Handeln.

Also drei großartige Gelegenheiten sich selbst langfristig zu fesseln, nachhaltig zu schaden und großräumig und regelmäßig der Lächerlichkeit preis zu geben.
Und das ist keine trockene wissenschaftliche Analyse, nein! Trocken bestimmt nicht.

Und all das fällt einem ein, wenn man auf die Schlagzeile stößt: „Das Oktoberfest hat begonnen!“ Denn dieses größte Besäufnis der Welt, Verzeihung „Volksfest“ heißt das, also dieses Delirium Maximum, dieser Abusus im XXXL-Format ist das Schönste…

…was man zur Zeit aus den Schlagzeilen heraus filtern kann.

Anders gesagt: Alkohol löst keine Probleme. Was aber nicht bedeutet, dass es nicht genügend Gründe gibt sich einen umzuhängen… also niederzubechern… also abzuschießen, kurz gesagt: sich zuzulöten. Oder volkstümlich ausgedrückt: Sich selbst im Zuge einer Autotoxikation eine Ethanol-Vergiftung zu verabreichen.

Aber stopp: Bevor wir jetzt auch hier in die allgemeine Die-Welt-steht-auf-keinen-Fall-mehr-lang-Stimmung verfallen… ein anderer Gedanke! Ein geklauter Gedanke.
Und das sind ja die besten. Logisch. Man klaut ja nicht irgendwelchen Stumpfsinn. Die geistigen Brillianten dagegen, die will man haben.

Eigentlich kommt der Gedanke nämlich von Lawrence O’Donnell, wöchentlicher Kommentator von MSNBC, der in seinem jüngsten „Last Word“ sinngemäß gemeint hat: Donald Trump freut sich über den Rauswurf von Late-Night-Talker Jimmy Kimmel bei ABC. So sehr, da er sichtlich möchte, dass alle darüber reden. Und nicht über die Epstein-Files. Wo unter Umständen sein Name auftauchen könnte.

Dazu zeigt er Bilder, die den FBI-Chef Patel bei einer Anhörung zeigen. Wenn man diesem Mann zusieht, wie sehr er sich verbiegt, um einer konkreten Antwort auszuweichen, tut das fast schon körperlich weh. Denn nur Dr. Reed von den Fantastischen Vier (gemeint sind die Comic-Superhelden, nicht die Band) kann sich eigentlich derartig verknoten, ohne dass er Schaden davon trägt. Und anschließend hat Mr. O’Donnell folglich lange und intensiv über die Epstein-Files geredet.

Und hier die Idee, der konstruktive Gedanke: Hinter jeder Meldung, die uns dazu animiert, die Biervorräte vom Schottenhammel-Zelt auf der „Wiesn“ leer zu saufen, liegt eine Nachricht, nach der es uns eigentlich dürstet.

Wenn etwa eine deutsche Moderatorin von einem rechtsradikalem Shitstorm überrannt wird, weil sie es gewagt hat, einen rechtsextremen, homophoben Rassisten einen rechtsextremen, homophoben Rassisten zu nennen, dann verschwindet dahinter, dass die AfD bei den Kommunalwahlen in NRW eigentlich gar nicht so gut abgeschnitten hat, wie sie vorhatte.

Und wenn russische Drohnen und Kampfflugzeuge über Nato-Luftraum erscheinen, redet niemand mehr über die Erfolge des ukrainischen Gegenangriffs im Osten des Landes.
Und jede einzelne Schlagzeile über den Eurovisionssongcontest verhindert eine Meldung über… …irgendetwas wirklich Wesentliches.

„Aber der Boycott!“, werdet Ihr jetzt womöglich einwerfen, „Wie umgehen mit dem Boycott?“ Ganz ehrlich, von mir aus sollten alle den Eurovisionssongcontest boycottieren. Inklusive Israel.

Und statt des unnötigen Herumgeplärrs gibt’s dann zu der Zeit in Wien einen weltweit übertragenen Science-Slam, wo es um die relevanten Themen der Zeit geht: Geschichte des Nahost-Konflikts, russischen Imperialismus der letzten dreihundert Jahre, die herannahende (und bereits stattfindene) Klimakatastrophe und natürlich über das Wichtigste:

Das neue Programm von diesem Severin Groebner mit dem Titel „Ich bin das Volk!“
Wie super es ist, warum es so super ist und wo man sich das demnächst anschauen kann.
(Psst, ich weiß es schon: 22., 26. und 27. September in Wien im Kabarett Niedermair)

Ja, okay….das ist natürlich egoistisch. Aber auch in mir (wie in den meisten von uns) sitzt so ein kleiner Donald, der den anderen vorschreiben möchte, worüber sie zu reden, zu denken und zu lachen haben. Und worüber nicht.

Und es war ja nur ein Witz.
Ihr könnt gerne über was anderes nachdenken (und das wisst Ihr ja auch selbst).
Ihr müsst auch nicht in mein Programm kommen (obwohl es mich schon sehr freuen würde).
Kurz gesagt: ihr könnt Euch beschäftigen, womit Ihr wollt.
Schön wär’s halt, wenn das auch so bleiben würde.
Und uns das keiner cancelt.

Sonst bleibt wirklich nur mehr das Oktoberfest.

Hier die jüngsten Ausgaben