Severin Groebners Newsletter
Groebners neuer Glossenhauer
Der neue Glossenhauer

Humorlose Herrscher

10. Dezember 2024

Der alte Spruch von Michael „Gorbi“ Gorbatschow hat sich mal wieder beim Newsletter schreiben bewahrheitet: „Wer zu spät schreibt, den bestraft die Geschichte.“
Also eigentlich hat der Gorbi das o gar nicht gesagt.
Gesagt hat er nämlich irgendwas auf russisch.
Andere wollen danach noch gehört haben, wie er damals bei seinem Besuch in der DäDäÄr danach seinem Begleiter noch zugezischt hat: „Und diesen geisteskranken, fanatischen, karrieregeilen KGB-Zwerg in Dresden müssen wir auch noch rechtzeitig los werden.“
Ist aber nicht gesichert.

Gesichert ist dagegen, dass dieser Newsletter vor drei Tagen schon fertig war und genau da die Herrschaft der Assads in Syrien nach über 50 Jahren vorbei war. Und mit ihr die Aktualität des Newsletters. Und ein Newsletter, der nicht aktuell ist, was ist der? Ein Oldsletter? Also zurück zum Start.

Schließlich können wir gerade viel lernen:
Ein Blick nach Syrien zeigt - einerseits:
Mit so einer unendlichen Herrschaft kann ganz plötzlich Schluß sein.
Vor drei Wochen wäre Baschal „Doktor Tod“ al-Assad der Zweite (und Letzte) mit seinen russischen Kumpels noch locker-flockig am Strand neben ihrem Luftwaffenstützpunkt entlang flaniert, heute steht er bei denen vor der Tür und fragt nach einem Schlafplatz.

Wenn dieser Trend sich verfestigt, könnten neben Spionen und nebenberuflichen Finanzjongleurs wie Jan „Ciao mit Au“ Marsalek und hauptamtlichen Schlächtern wie Assad demnächst auch Auszählungsexperten wie Nicolas „eins und eins ist vier“ Maduro und Mullahs wie Ali „Kopf ab!“ Chamenei aus dem Iran in Moskau sich die Klinke von der russischen Einwanderungsbehörde in die Hand geben.
Zumindest solange Wladimir „Stöckelschuh“ Putin noch lebt.
Aber der ist ja erst 72.
Ja, so ist das mit der Endlichkeit:
Sie ist nicht nur ein Schrecken. Manchmal auch eine Chance.

Zweitens lernen wir:
Es gibt mittlerweile in Deutschland und Österreich kein Thema, kein Ereignis, keine weltpolitische Wende, die nicht damit beantwortet werden könnte, dass irgend ein Wesen mit „Heimat im Herzen“ und Scheiße im Hirn sich hinstellt und sagt: „Jetzt müssen wir mehr Menschen abschieben.“ In Syrien rattern die Granatwerfer und Maschinengewehre, in Deutschland und Österreich rattern die Phrasendrescher der Menschenfeindlichkeit.
Die einen feiern auf den Straßen, dass in ihrem Herkunftsland ein Diktator verschwunden ist, die anderen überlegen, wie sie diese Menschen mit der kulturfremden guten Laune los werden können.

Dabei hat doch gerade Syrien sehr viel für Österreich und Deutschland getan!
Den wichtigsten Mitarbeiter Adolf „Endlösung“ Eichmanns etwa, einen gewissen Alois Brunner, hat Syrien freundlich bis zu dessen Tod in Damaskus aufgenommen.
Und so unangenehme Teile der deutsch-österreichischen Vergangenheit zurückgehalten.
Seltsam, da hat keiner „Rückführung in die Heimat“ gefordert.

Aber lassen wir die Vergangenheit.
Die Gegenwart ist ja schon grauslich genug. Konzentrieren wir uns lieber auf gute Nachrichten: Fussball!
Denn bevor die FIFA gestürzt und ihre Logos von einer aufgebrachten Menge auf der Straße verbrannt werden und sie den goldenen Löffel abgibt, vergibt sie noch den Austragungsort 2034 für die Fussball-WM der Männer.
An: Saudi-Arabien.
Logisch, was in Katar recht war, ist in Saudi-Arabien nur billig.

Warum auch nicht?
Das Land ist sehr sehr angesehen. Bei Waffenexporteuren, strengreligiösen Imamen und … ja keine Ahnung, bei wem noch. Donald Trump vielleicht?
Aber auch die Organisation „Human Rights Watch“ kennt das Land gut und hat deshalb einen Bericht über die Situation von Arbeitsmigranten in Saudi-Arabien veröffentlicht, mit dem klingenden Titel: „Stirb zuerst, und ich bezahle Dich später.“ Immerhin: es wird bezahlt.

Aber mei, dafür ist das Land führend in Sachen Frauenrechte.
Denn Frauen haben in Saudi-Arabien alle Rechte, die ihnen die dortigen Männer zugestehen. Autofahren dürfen sie obendrein. Mehr kann man sich nicht wünschen.
Und was sich frau wünscht…, wer weiß das schon?
Am Besten man fragt nicht, dann gibt es auch keine unerfüllten Wünsche.
Obendrein ist das Land friedliebend und gewaltfrei.
Und zwar für alle, die nicht gerade im Jemen leben oder sonstwo, wo von Saudi-Arabien ausgestattete und unterstütze Truppen Leichen hinterlassen.
Wenn man allerdings ein saudischer Journalist ist, dann hinterlässt man nichts.
Nein, dann verschwindet man in der Botschaft zu Istanbul. Und alles bleibt schön saudi… äh… sauber.

Und auch ökologisch ist das Land ganz weit vorne. Demokratisch sowieso.
Also soweit vorne wie das eben für eine absolute Öl-Monarchie möglich ist, ohne dabei auf Petrochemische Produkte und Absolutismus zu verzichten.
Theoretisch: gesprächsbereit. Praktisch: Braus’n gehn.

Kurz gesagt: Saudi-Arabien - die perfekte Mischung aus John D. „Ölsardine“ Rockefeller und Ludwig „Ihr haltet jetzt mal alle das Maul!“ XIV. von Frankreich. Warum soll so ein Land nicht die Fussball WM ausrichten?

Wass mich vielmehr interessieren würde:
Warum organisieren eigentlich Diktatoren, Gewaltherrscher und Kollegen eigentlich immer nur Sportevents? Das ist doch gefährlich. Nicht nur diese in Stadien fanatisierten Massen, auch diese Sportler sind ein Risiko. Die sind doch total kritisch.

Man schaue sich nur um: Überall sieht man Spitzensportler und -Sportlerinnen, die ständig zeigen, wieviele Gedanken sie sich täglich machen. In jedem zweiten Werbespot präsentieren sie das Produkt intensiver, investigativer Recherche und preisen Dinge, die ihnen ganz persönlich sehr wichtig sind: Vermögensverwaltung, Dauerwürste, Turnschuhe, Schokoriegel und vieles mehr, was unter ihren kritischen Augen gerade noch Gnade findet.
Man sehe sich nur das Portfolio von LiverRedBuul Jörgen Klopp an und man sieht: Der Mann ist nicht bekloppt. Der kann rechnen.

Ja, kritisch hinterfragende, gefährliche Intellektuelle sind diese Sportler,.… ich glaube , wenn das einmal die Diktatoren begreifen, werden sie erst sehen, wie viel klüger es wäre, das schöne Geld in andere Disziplinen zu stecken.

In die Klassische Musik etwa. (Hier könnte ihr Anna „Putins Piepmatz“ Netrebko-Witz stehen) Oder noch besser: Freejazz! Gerade für Diktaturen interessant, weil man sich so nicht nur ein kulturelles Mäntelchen umwerfen kann, sondern auch noch den einen oder anderen Musiker gut in den Folterkammern des Regimes einsetzen könnte.
Wo dann der Satz fällt: „Also entweder Du packst aus oder er spielt noch ein Solo.“
Oder Tanztheater.
Oppositionelle müssen in der ersten Reihe sitzen. Aber sie dürfen nicht einschlafen!
Oder natürlich: Komiker.
Ja, Liebe Gewaltherrscher, sehr geehrte Diktatoren, werte Hoheiten, Gottgleiche Herrscher, absolute Monarchen, servus Papst: Choose Me! Finanzieren sie mich!
Und ich erfinde einen Flüsterwitz nach ihrem Geschmack.

Etwa so einen:  Wie heißt das, wenn der russische Diktator im Dezember Besuch von seinem Verbündeten aus dem Nahen Osten bekommt? Na!? Nikolaus?
Nein, sondern:
Da geht einem der Assad auf Grundeis.

Lustig, was….?
Nein?!?

Na, dann bleib ich halt Demokrat und schreib weiter Newsletter.
(Den kann man übrigens unterstützen.)
Humorloses Herrscherg’sindel!
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