Der neue Glossenhauer
In Tschechien, diesem schönen kleinen Land in Mitteleuropa, wollte eine Parkbehörde in einem Naturreservat einen Damm errichten. Um trockene Wiesen wieder zu befeuchten. Flora und Fauna zu unterstützen. Genehmigungsverfahren hat gedauert, dann ist das Damm-Projekt endlich bewilligt, die Behörden rücken aus und … stellen fest: Der geplante Damm ist bereits errichtet. Schneller und besser und billiger als sie das je hätten machen können. Und zwar von: Bibern.
Obendrein bewachen die Biber den Damm jetzt auch. Und pflegen ihn.
Also Wartungskosten fallen auch keine an.
So schön kann die Welt sein, wenn der Mensch nicht eingreift. Wenn er zuhause bleibt und Pläne macht. Wenn er sich um Genehmigungsverfahren kümmert und Anträge schreibt. Oder Exel-Listen. Oder Romane.
Er kann sich ja was ausdenken, natürlich.
Nur von der Umsetzung sollte man ihn - etwa durch den gezielten Einsatz von Bibern - abhalten.
Das gilt erst recht für die Politik.
Auch da können sich die Menschen was ausdenken. Nur zu! Lasst sie philosophieren, fantasieren, lasst sie ihre Luftschlösser errichten. Das ist ja was Schönes.
Sollen sich etwa die einen in eine Welt hinein wünschen, in der artgerechtes Gemüse mit mindestens drei Geschlechtern in voller Harmonie (und ohne Zusatzstoffe und offensive Begriffe wie „Schnitzeljagd“) zu Elektrobeats aus nachhaltiger Stromproduktion tanzt, während der DJ im Sekundentakt Storys auf sozialen Medien postet, die - obwohl sie von einem amerikanischen Softwaregiganten oder einer kommunistischen Parteidiktatur gelenkt werden - völlig menschenfreundlich sind und die Meinungsvielfalt fördern, wofür eine KI sorgt, die „Kurti“ heißt und mit der man sehr gut mal ein Bier trinken gehen kann. Also etwa ein Himbeer-Guano-Stout-IPA-Craft-Beer mit Aromen von Mandeln, Schreibtischlampe und Fischkutter, das - Flasche für Flasche - von einem innerlich glücklichen Fahrradkurier gebracht wird, der seinen Beruf liebt und in einer geräumigen 120m2 Wohnung mit Blick auf den Stadtpark lebt, die er sich ohne Probleme mit seinem 20 Stunden Job auch leisten kann, während er den Rest der Zeit damit verbringt online für die Rechte von Frauen, Migranten und Minderheiten in Brunei und der Innerschweiz zu kämpfen.
Sollen sie doch davon träumen!
Die anderen träumen ja auch.
Die fantasieren von einer Ritterburg, in der ungewaschene, ölverschmierte Cyborgs, die zu zwanzig Prozent aus Wikingern, zu dreissig Prozent aus alten Motorradteilen, zu vierzig Prozent aus ehemaligen Jedi-Rittern in SS-Uniformen und zu fünfzig Prozent aus befleckten Taschentüchern eines Jugendzimmers bestehen, die sich durch einen Zauberspruch (einfach dreimal: „Alles Schlampen ausser Mutti“ rückwärts in Runenschrift in den Audioausgang einer Spielkonsole sprechen) zu Leben erwecken lassen und nun mit ihren 140 Prozent zeigen, dass sie ganze Männer sind und Mathematik nicht so wichtig ist.
Überlebenswichtig ist in dieser Burg dagegen ist einerseits ein gutes Verhältnis zum Oberoberoberboss, der ein weiser, alter Albino Orang-Utan in einem orangen Bademantel ist (obwohl er sich seit Anbeginn der Zeiten und seinem Kontakt mit der Quelle der unendlichen Weisheit nicht mehr gewaschen hat), dafür besitzt dieser König der Könige der Herzöge der Grafen der Pferdeknechte der Wenigen eine magische Laser-Stricknadel, mit der er weltumspannende Netze aus UV-Strahlen knüpft, die die Auserwählten (alles kariert-behaarte Männer in Slimfitanzügen mit gutgefüllten Bankkonten in Legoland) vor der degenerierenden Wirkung von Chemtrails, orientalischem Essen und Selbstreflexion schützen soll.
(Apropos Geld: Diesen Newsletter unterstützen? Siehe unten.)
Andererseits braucht man zum Überleben in dieser Trutzburg einen Helm aus von Thor persönlich gehärtetem Titanstahl, der das Gehirn des Trägers vor Sachargumenten, Empathie und tanzbarer, grooviger Musik mit mehr als drei Akkorden abschirmt, weshalb die WiFi-Verbindung des Helms ständig in Kontakt mit einer KI namens „Kurti“ ist, die als allwissende hyperboreäische Muttergottheit mit allerbester …nein… Alabaster-Haut unter dem Namen „Notburga, die Volksempfängerin“ angebetet wird und auf Telegram einen sehr interessanten Kanal betreibt, auf dem sie kaum bekleidet Survival-Produkte bewirbt und sich alle fünfhundert Jahre, wenn der Volksmund auf einen Freitag im Sommerschlussverkauf fällt, ein Stück von Island abbeißt, welches dann von übergewichtigen Männern in zu engen T-Shirts im Keller eines Comicshops bis zur Rückkehr des Erstgeborenen des sechzehneinhalbten Zwergs unter Aufopferung ihres Bildschirmschoners bewacht werden muß.
Ja, sowas träumen sich die Menschen zusammen.
Und das ist ja auch schön… oder interessant… oder wenigstens faszinierend abstrus… solange es Fiktion bleibt.
Das Problem beginnt bei der Umsetzung.
Das sollte die Menschheit einfach lassen. Menschen sind einfach intellektuell für Wirklichkeit nicht gemacht. In der Realität ist ja auch alles komplizierter.
Da gibt’s auch KIs, aber die heißen nicht Kurti.
Kurti heißt dagegen entweder er Ministerpräsident vom Kosovo oder der Typ im Gasthaus, der hinter seinem Bier wohnt. Und wovon der eine oder der andere träumt, weiß man nicht.
Aber was die Herberts, Friedrichs und Alices Trumputins dieser Welt sich so ausdenken, kann man dafür jeden Tag in den Nachrichten verfolgen.
Und das ist unschön.
Ich finde, es ist Zeit, dass die Biber übernehmen.
Gebt den Bibern das Kommando!
10. Jänner 2025In Tschechien, diesem schönen kleinen Land in Mitteleuropa, wollte eine Parkbehörde in einem Naturreservat einen Damm errichten. Um trockene Wiesen wieder zu befeuchten. Flora und Fauna zu unterstützen. Genehmigungsverfahren hat gedauert, dann ist das Damm-Projekt endlich bewilligt, die Behörden rücken aus und … stellen fest: Der geplante Damm ist bereits errichtet. Schneller und besser und billiger als sie das je hätten machen können. Und zwar von: Bibern.
Obendrein bewachen die Biber den Damm jetzt auch. Und pflegen ihn.
Also Wartungskosten fallen auch keine an.
So schön kann die Welt sein, wenn der Mensch nicht eingreift. Wenn er zuhause bleibt und Pläne macht. Wenn er sich um Genehmigungsverfahren kümmert und Anträge schreibt. Oder Exel-Listen. Oder Romane.
Er kann sich ja was ausdenken, natürlich.
Nur von der Umsetzung sollte man ihn - etwa durch den gezielten Einsatz von Bibern - abhalten.
Das gilt erst recht für die Politik.
Auch da können sich die Menschen was ausdenken. Nur zu! Lasst sie philosophieren, fantasieren, lasst sie ihre Luftschlösser errichten. Das ist ja was Schönes.
Sollen sich etwa die einen in eine Welt hinein wünschen, in der artgerechtes Gemüse mit mindestens drei Geschlechtern in voller Harmonie (und ohne Zusatzstoffe und offensive Begriffe wie „Schnitzeljagd“) zu Elektrobeats aus nachhaltiger Stromproduktion tanzt, während der DJ im Sekundentakt Storys auf sozialen Medien postet, die - obwohl sie von einem amerikanischen Softwaregiganten oder einer kommunistischen Parteidiktatur gelenkt werden - völlig menschenfreundlich sind und die Meinungsvielfalt fördern, wofür eine KI sorgt, die „Kurti“ heißt und mit der man sehr gut mal ein Bier trinken gehen kann. Also etwa ein Himbeer-Guano-Stout-IPA-Craft-Beer mit Aromen von Mandeln, Schreibtischlampe und Fischkutter, das - Flasche für Flasche - von einem innerlich glücklichen Fahrradkurier gebracht wird, der seinen Beruf liebt und in einer geräumigen 120m2 Wohnung mit Blick auf den Stadtpark lebt, die er sich ohne Probleme mit seinem 20 Stunden Job auch leisten kann, während er den Rest der Zeit damit verbringt online für die Rechte von Frauen, Migranten und Minderheiten in Brunei und der Innerschweiz zu kämpfen.
Sollen sie doch davon träumen!
Die anderen träumen ja auch.
Die fantasieren von einer Ritterburg, in der ungewaschene, ölverschmierte Cyborgs, die zu zwanzig Prozent aus Wikingern, zu dreissig Prozent aus alten Motorradteilen, zu vierzig Prozent aus ehemaligen Jedi-Rittern in SS-Uniformen und zu fünfzig Prozent aus befleckten Taschentüchern eines Jugendzimmers bestehen, die sich durch einen Zauberspruch (einfach dreimal: „Alles Schlampen ausser Mutti“ rückwärts in Runenschrift in den Audioausgang einer Spielkonsole sprechen) zu Leben erwecken lassen und nun mit ihren 140 Prozent zeigen, dass sie ganze Männer sind und Mathematik nicht so wichtig ist.
Überlebenswichtig ist in dieser Burg dagegen ist einerseits ein gutes Verhältnis zum Oberoberoberboss, der ein weiser, alter Albino Orang-Utan in einem orangen Bademantel ist (obwohl er sich seit Anbeginn der Zeiten und seinem Kontakt mit der Quelle der unendlichen Weisheit nicht mehr gewaschen hat), dafür besitzt dieser König der Könige der Herzöge der Grafen der Pferdeknechte der Wenigen eine magische Laser-Stricknadel, mit der er weltumspannende Netze aus UV-Strahlen knüpft, die die Auserwählten (alles kariert-behaarte Männer in Slimfitanzügen mit gutgefüllten Bankkonten in Legoland) vor der degenerierenden Wirkung von Chemtrails, orientalischem Essen und Selbstreflexion schützen soll.
(Apropos Geld: Diesen Newsletter unterstützen? Siehe unten.)
Andererseits braucht man zum Überleben in dieser Trutzburg einen Helm aus von Thor persönlich gehärtetem Titanstahl, der das Gehirn des Trägers vor Sachargumenten, Empathie und tanzbarer, grooviger Musik mit mehr als drei Akkorden abschirmt, weshalb die WiFi-Verbindung des Helms ständig in Kontakt mit einer KI namens „Kurti“ ist, die als allwissende hyperboreäische Muttergottheit mit allerbester …nein… Alabaster-Haut unter dem Namen „Notburga, die Volksempfängerin“ angebetet wird und auf Telegram einen sehr interessanten Kanal betreibt, auf dem sie kaum bekleidet Survival-Produkte bewirbt und sich alle fünfhundert Jahre, wenn der Volksmund auf einen Freitag im Sommerschlussverkauf fällt, ein Stück von Island abbeißt, welches dann von übergewichtigen Männern in zu engen T-Shirts im Keller eines Comicshops bis zur Rückkehr des Erstgeborenen des sechzehneinhalbten Zwergs unter Aufopferung ihres Bildschirmschoners bewacht werden muß.
Ja, sowas träumen sich die Menschen zusammen.
Und das ist ja auch schön… oder interessant… oder wenigstens faszinierend abstrus… solange es Fiktion bleibt.
Das Problem beginnt bei der Umsetzung.
Das sollte die Menschheit einfach lassen. Menschen sind einfach intellektuell für Wirklichkeit nicht gemacht. In der Realität ist ja auch alles komplizierter.
Da gibt’s auch KIs, aber die heißen nicht Kurti.
Kurti heißt dagegen entweder er Ministerpräsident vom Kosovo oder der Typ im Gasthaus, der hinter seinem Bier wohnt. Und wovon der eine oder der andere träumt, weiß man nicht.
Aber was die Herberts, Friedrichs und Alices Trumputins dieser Welt sich so ausdenken, kann man dafür jeden Tag in den Nachrichten verfolgen.
Und das ist unschön.
Ich finde, es ist Zeit, dass die Biber übernehmen.
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