Severin Groebners Newsletter
Groebners neuer Glossenhauer
Der neue Glossenhauer

Ausgerechnet Bananen!

22. November 2024

Manchmal schreibt das Unbewusste die Pointen.
Beispiel: Im letzten Glossenhauer hab ich über meinen Doppelgänger geschrieben, der letztlich sogar den Newsletter verfasst. Und tatsächlich war dieser Doppelgänger-Newsletter, der Newsletter mit der Ordnungsnummer 50. Eigentlich.

Aus irgendeinem Grund hab ich… äh… also mein Doppelgänger … ihm aber die Nummer 49 gegeben. Was soviel heißt, wie dass der Newsletter mit der Nummer 49 einen Doppelgänger bekommen hat - und zwar von meinem Doppelgänger.
Alles klar?
Das ist jetzt jedenfalls der „Neue Glossenhauer“ Nummer 51 und ab jetzt schreib ich ihn wieder selber.

Das ist auch notwendig. Denn, um diese Nachrichtenlage korrekt einzusortieren, braucht es ein an Humor geschärftes, menschliches Gehirn. Und Humor ist nicht nur wichtig. Sondern sogar wertvoll. Knappe 5,9 Millionen Euro.

Soviel Asche hat nämlich ein Krypto-Millionär in New York für ein Kunstwerk bezahlt, dass aus einer an die Wand geklebte Banane besteht. Und das epochale Werk heißt wie?
Comedian. Also: Komiker.

Ich habe kurz überlegt, ob ich mich auch an die Wand tapen soll und zum Verkauf anbieten. Künstler, Kunstwerk und Kunsthändler in einer Person. Ich glaube, das ist der finale, feuchte Traum des Kapitalismus. Bin aber wieder davon abgekommen.
Nicht, weil ich das Geld nicht brauchen könnte, im Gegenteil.

Es ist mehr so, dass der Herr Kryptomillionär gemeint hat, daß er das Kunstwerk demnächst essen werde. Nicht aus Hunger (den kennen Kryptomillionäre nicht so), sondern „als Teil dieser einzigartigen künstlerischen Erfahrung und als Anerkennung ihres Platzes in der Kunstgeschichte und der Popkultur“. Na dann: Mahlzeit.
Der Mann hat sichtlich vorher schon einen Galeristen und ein Grundlagenwerk über Konzeptkunst verspeist.

Ob er die Schale der Banane und auch das Klebeband essen wird, ist nicht klar.
Ich jedenfalls werde mich nicht essen lassen.

Aber ich klebe demnächst auch einen Banane an eine Wand und wenn jemand sie essen will, sag ich: „Kein Problem, aber bitte zuerst hätte ich gerne 5,9 Millionen Euro“ Und wenn mich das Gegenüber dann fragt, ob ich „irgendwo fest dagegen g’rennt bin“ (also: mir ein wenig den Kopf gestoßen habe) und ob das nicht ein etwas hoher Preis ist, für eine Banane, werde ich freundlich entgegnen: „Für eine Banane schon, aber nicht für diese einzigartigen künstlerischen Erfahrung und die Anerkennung ihres Platzes in der Kunstgeschichte und der Popkultur“.

Und danach kleb ich dann einen Apfel daneben. Darunter eine Orange, darüber eine Kiwi, links eine Birne, rechts mehrere Rosinen. Ich pflastere die ganze Gegend mit Obstsalat zu und schreib Fantasiepreise drunter, schließlich sind das hier wirklich „einzigartige künstlerische Erfahrungen und Anerkennungen deren Plätze in der Kunstgeschichte und der Popkultur“.

Denn Bananen… Alter! Ich bitte Dich! Das ist so Andy Warhol, so 20. Jahrhundert, so Chiquita! Der echt durchgeknallte Millionär von heute klebt sich ein bißchen ausgefalleneres Obst an die Wand. Und wenn der Trend durch ist, kommt danach der Gemüsehype mit Brokkoli, Zucchini und Chicorée an der Wand.
Denn wenn so eine Gurke aus der Mauer ragt, da fühlen sich dann auch die Menschen aus der ehemaligen DDR „abgeholt“.

Aber das werden alles nur kurzfristige Moden sein, denn am Ende werden sich die Hülsenfrüchte durchsetzen. Das ist klar. Die halten einfach am längsten. Das ist gut investiertes Geld.

Und sehr bewährt. Schon im alten Testament kann man lesen, dass man mit Kunstwerken aus Linsen sehr gute Geschäfte machen konnte.

Der Kryptomillionär findet ja übrigens obendrein, dass die Banane samt Klebeband nicht nur 5,9 Millionen € wert und trotzdem verspeisenswert ist, sondern obendrein ein „kulturelles Phänomen, das die Kunstwelt mit jener der Memes und der Krypto-Community verbindet“.
Recht hat er.
Oder anders gesagt: Schaumschläger und Luftverkäufer unter sich.

Letztes Jahr wollte der Beherrscher der Bananen und des erfundenen Geldes übrigens noch die Credit Suisse für 1,4 Milliarden € kaufen. Oder wie Kunstfreunde sagen würden: Für 237 Bananen.

Fast zeitgleich hat sich die US-Börsenaufsicht für ihn interessiert, weil etwa 31,9 Millionen Dollar für sich und seine Stiftung „generiert“ haben soll. Also anderen aus der Tasche gezogen. Und das sind immerhin über fünf Bananen.

Man sieht: Die Welt ändert sich, neue Technologien erobern die Welt, wir kommunizieren mit Lichtgeschwindigkeit, aber das gute, alte Pyramiden-Spiel funktioniert eben immer noch.
Das Spiel, wo man als Erster, der einsteigt, viel Geld verdient, und als letzter alles zahlt.
Und jeder, der einsteigt, glaubt, er ist ganz vorne mit dabei.
Das ist bei Kryptowährungen nicht anders.
Und am Kunstmarkt eigentlich auch nicht.

Nur mit einem Unterschied.
Wer in den Kunstmarkt zu spät einsteigt, kriegt als Trostpreis wenigstens: Eine Banane.
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