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Groebners neuer Glossenhauer
Der neue Glossenhauer

Kritik des reinen Chorgesangs

16. Dezember 2025

Und schon wieder ist aus dem Samstag ein Dienstag geworden.
Und wenn man so hinterher ist, weiß man dann eigentlich gar nicht, ob man seiner Zeit voraus oder eigentlich zu spät ist. Aber das weiß man ja zur Zeit überhaupt nicht. Sind das da draußen die späten Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts oder doch die frühen Dreißigerjahre des 20.?

Es ist verwirrend. So wie die Weltlage ist, ist ja auch „verwirrend“ noch der freundlichste Ausdruck. Und humoristisch herausfordernd.
Da mir leider die nötigen Skills fehlen, ich also keinerlei Fähigkeit besitze mich über Terrorismus lustig zu machen, konzentriere ich mich auf etwas anderes:
Den neuen Koralmtunnel zwischen Steiermark und Kärnten.

Ich hab früher immer geglaubt, man schreibt die Koralm eigentlich „Chor-Alm“ und vor meinem geistigen Auge stand da immer ein Chor zwischen Kühen auf grünen Wiesen oder verschneiten Hängen herum und hat vor sich hingeträllert. Das ganze Jahr. Zu jeder Witterung. Regen, Sonne, Nebel, Schnee… egal. DoReMiFaSoLaSiDoooo!
Deswegen sind dann auch alle stehen geblieben und haben der Musik gelauscht, weshalb sich ein Stau gebildet hat und nichts weiter gegangen ist.

Jetzt nach der Tunnel-Eröffnung singen die da oben immer noch weiter, aber die Bahn braust unter ihnen durch und keiner hört was vom Gesang. Von exakt jenem Gesang, den es ohnehin nur in meinem Kopf gegeben hat. Denn mein Kopf - das wissen regelmäßige Leser dieses Newsletters - ist recht immun gegen korrekte (oder korekkte? Oder korekte? Oder Chor-eckte?) Orthografie. Dafür gibt’s dort meist schöne Musik*.

Sonst beschäftigt er sich mit weniger schönen Fragen.
Wie zum Beispiel: Was machen eigentlich Außenminister?
Gut, bei den Aussenministern der europäischen Staaten wissen wir, was sie tun. Die treffen sich regelmäßig in Brüssel, beraten die Lage und wenn sie dann beraten haben, versuchen Sie mit dem Kollegen der USA in Kontakt zu treten und… tja, da fängt schon das Problem an. Mit wem wollen sie denn in den USA reden?
Denn der Aussenminister der USA ist… verschwunden?
Wo ist der? Und was macht der eigentlich beruflich? Sicher etwas wichtiges. In Dubio pro Rubio. Nur leider weiß man es eben nicht.

Das ist aber gerade Trend. Denn auf der anderen Seite der Beringstraße, in der von der Geheimdienst-Mafia geführten Großtankstelle namens Russland, gibt es ja auch keinen Aussenminister mehr.
Lawrow, der Mann der mit seinem Namen (Love-Rough) und seinem Gesicht (erster Platz im Hermann-Monster-Look-a-Like-Contest ohne Schminke) die Schwierigkeit verkörperte Russland zu mögen, einer der besten teuersten Speichellecker vom Capo di Capi ist ebenfalls verschwunden.
Wohin? Ist er aus einem Fenster gefallen? Hat er hat eine unheilbare Krankheit, weil er einen Tee getrunken hat? Oder hat er womöglich sein Gewissen entdeckt - und ist somit für das Regime unbrauchbar geworden?

Man weiß es nicht.
Der Trend geht jedenfalls weg vom Aussenminister - hin zum Sondergesandten.
Vielleicht war das auch der Grund, warum die erste Reise vom deutschen Außenminister What-a-Fool nach China abgesagt wurde, weil der noch auf dem alten Protokoll bestanden hatte. Die Chinesen hätten ihn gerne mit frischgebackenen Sondergesandten überrascht, aber der Deutsche wollte so etwas Seltsames treffen, wie einen Amtskollegen.
Da mussten die Chinesen erst suchen, wo die den wieder abgestellt hatten.

Damit konnte ja in China keiner rechnen.
Denn die sind schon im 21. Jahrhundert. Die hätten wahrscheinlich für den deutschen Gast einen Chefunterhändler gehabt. Oder einen Reality TV Star. Oder einen Geheimdienstoffizier. Einen Schwiegersohn…oder sonst irgendwelche Menschen, die man plötzlich aus dem Hut zaubert und danach wieder verschwinden lässt.
Zusammen mit den „fixen Zusagen“, die sie gegeben haben.

So macht man das heute.
Nicht nur bei Verhandlungen, auch bei Öltankern.
Schwups. Und weg sind sie. Das sind die Neuesten internationalen Gepflogenheiten: Öltanker kapern. Das macht Spaß. Die USA machen das. Der Iran macht das. Nur in Deutschland verbietet es das Höchstgericht. Auch hier also: Man hinkt in Germanien der der Zeit hinterher.

Dieser Trend wird sich demnächst natürlich auch im politischen Personal niederschlagen. Mein Tipp für den nächsten US-Handelsminister: Johnny Depp.
Der hat mit seiner Rolle als Pirat in „Fluch der Karibik“ ausreichend Erfahrung für die Etikette des 21. Jahrhunderts gesammelt. Obendrein hat er ein Alkoholproblem, manchmal schwierigen Umgang mit dem weiblichen Geschlecht und neben seinem Nachnamen wirkt der des US-Präsidenten richtig intelligent.
Das sind so Leute, die jetzt in der US-Administration gebraucht werden.

Denn für die richtigen Aufgaben haben die ja… na? Genau: Sondergesandte.
Die verhandeln dann mit der Ukraine über einen Waffenstillstand. In Berlin.
Für die USA. Oder für Russland. Weiß man nicht so genau.
Ist ja sichtlich kein Nicht-nur-Gesandter, sondern ein Sondern-auch-Gesandter.

Auf jeden Fall singt er das Lied, des’ Brot er isst.
Denn das sind die neuen Aufgabengebiete - und damit sind nicht Gebiete gemeint, die man aufgeben muss (Muss man sich merken: Ein köstlicher Wortwitz für Verhandlungspausen mit Krimsekt) - des „diplomatischen Chors“.

Oder wie man das auch immer schreibt.
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