Der neue Glossenhauer
19. Mai 2023
Ich hab auch einmal Blödsinn gemacht. Als ich jung war. Das ist heute kaum zu glauben, wo ich doch gesetzt, gelassen und geläutert wirke, wovon sich jedermensch Woche für Woche anhand des "Glossenhauers" überzeugen kann. Zum Beispiel nenne ich hier Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft und Finanz nie "elendigliche Hundskrüppeln, mit der intellektuellen Leistungsfähigkeit einer lobotomierten Eintagsfliege und der moralischen Integrität eines Gameboys". Und das, obwohl es öfters passen würde. Aber ich bin halt schon ruhig geworden.
Das war nicht immer so. Ich erinnere mich, als wir Großstadtbuben an einem dieser langen Nachmittage, an denen unsere gesellschaftlich vorzeigbaren Mitschülerinnen und Mitschüler gerade Fußballtraining, Tanzstunden oder Schießübungen im Keller des elterlichen Hauses absolvierten (oder etwas anderes, was sie "auf das Leben vorbereiten" sollte), dahinter gekommen sind, wie man in der U-Bahn-Station Durchsagen machen kann.
Dieses Geheimwissen war uns Quell großer Freude. Man hat sich einfach eine andere Auf-die-U-Bahn-wartende Person am Bahnsteig ausgesucht und dann in möglichst sachlichem Tonfall die Station mit den Worten beschallt: "Der Herr mit der gelben Jacke und dem Rucksack . . . Ja, Sie: Schauen S’ net so deppert!"
Dank der hervorragenden Taktung der Wiener Linien war man bis zur möglichen Enttarnung als freiberuflicher Stationssprecher meist schon vom Tatort entfleucht. Ein kleines, schönes, billiges Vergnügen auf Kosten anderer Fahrgäste. A Gaudi halt.
Das alles ist mir wieder eingefallen, als ich vergangene Woche über die zwei Burschen gelesen habe, die auf die grenzdebile Idee gekommen sind, einen Railjet mit Hitler-Reden zu beschallen.
Obendrein hatten die beiden offensichtlich Übung, da sie bei vorangegangenen Fällen schon Kinderlieder abgespielt hatten. Ich werde jetzt in kein hysterisches "Alles Nazis!"-Gekreische verfallen, wo man doch in Österreich viel besser weiß, wo die echten Nazis "daham" sind. Die halten sich nicht mit Hitler-Reden auf, die planen eher Bombenanschläge auf Volksfeste - und niemand erfährt es.
Obendrein kann man in einem Land, in dem der regelmäßige Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses als "Bubenstreich" abgetan wurde, massive Korruptionsanfälligkeit als "bsoffene Gschicht" verharmlost und die wiederkehrende Manifestierung rechtsextremen Gedankenguts als "Einzelfälle" verniedlicht, da kann man einmal eine saudepperte Idee - wie das Abspielen von Hitler-Reden - auch eine "saudepperte Idee" nennen.
Viel eher stellt sich dem alten Stationssprecher in mir die Frage: Warum Hitler? Warum einem Menschheitsverbrecher so eine Plattform geben? Obendrein einem, der sowieso noch ausreichend Fans im Land hat. Warum nicht einmal was wirklich Provokantes rausknallen, wie: "Die Fahrgäste dieses Zuges müssen beim Aussteigen dem Schaffner ihren Führerschein aushändigen. Bei Weigerung erfolgt die Weiterfahrt nach Budapest." Oder: "Hier spricht der Lokführer. Entweder alle machen jetzt zehn Minuten lang Kniebeugen, oder ich bleib in St. Pölten stehen." Oder einfach einmal die Einstellung sämtlicher Regierungsinserate in den Boulevardmedien des Landes verkünden. Das wäre einmal provokant! Und gar nicht so deppert.
Hier spricht der Führer
Wenn einem alle zuhören müssen . . . was sagt man da19. Mai 2023
Ich hab auch einmal Blödsinn gemacht. Als ich jung war. Das ist heute kaum zu glauben, wo ich doch gesetzt, gelassen und geläutert wirke, wovon sich jedermensch Woche für Woche anhand des "Glossenhauers" überzeugen kann. Zum Beispiel nenne ich hier Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft und Finanz nie "elendigliche Hundskrüppeln, mit der intellektuellen Leistungsfähigkeit einer lobotomierten Eintagsfliege und der moralischen Integrität eines Gameboys". Und das, obwohl es öfters passen würde. Aber ich bin halt schon ruhig geworden.
Das war nicht immer so. Ich erinnere mich, als wir Großstadtbuben an einem dieser langen Nachmittage, an denen unsere gesellschaftlich vorzeigbaren Mitschülerinnen und Mitschüler gerade Fußballtraining, Tanzstunden oder Schießübungen im Keller des elterlichen Hauses absolvierten (oder etwas anderes, was sie "auf das Leben vorbereiten" sollte), dahinter gekommen sind, wie man in der U-Bahn-Station Durchsagen machen kann.
Dieses Geheimwissen war uns Quell großer Freude. Man hat sich einfach eine andere Auf-die-U-Bahn-wartende Person am Bahnsteig ausgesucht und dann in möglichst sachlichem Tonfall die Station mit den Worten beschallt: "Der Herr mit der gelben Jacke und dem Rucksack . . . Ja, Sie: Schauen S’ net so deppert!"
Dank der hervorragenden Taktung der Wiener Linien war man bis zur möglichen Enttarnung als freiberuflicher Stationssprecher meist schon vom Tatort entfleucht. Ein kleines, schönes, billiges Vergnügen auf Kosten anderer Fahrgäste. A Gaudi halt.
Das alles ist mir wieder eingefallen, als ich vergangene Woche über die zwei Burschen gelesen habe, die auf die grenzdebile Idee gekommen sind, einen Railjet mit Hitler-Reden zu beschallen.
Obendrein hatten die beiden offensichtlich Übung, da sie bei vorangegangenen Fällen schon Kinderlieder abgespielt hatten. Ich werde jetzt in kein hysterisches "Alles Nazis!"-Gekreische verfallen, wo man doch in Österreich viel besser weiß, wo die echten Nazis "daham" sind. Die halten sich nicht mit Hitler-Reden auf, die planen eher Bombenanschläge auf Volksfeste - und niemand erfährt es.
Obendrein kann man in einem Land, in dem der regelmäßige Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses als "Bubenstreich" abgetan wurde, massive Korruptionsanfälligkeit als "bsoffene Gschicht" verharmlost und die wiederkehrende Manifestierung rechtsextremen Gedankenguts als "Einzelfälle" verniedlicht, da kann man einmal eine saudepperte Idee - wie das Abspielen von Hitler-Reden - auch eine "saudepperte Idee" nennen.
Viel eher stellt sich dem alten Stationssprecher in mir die Frage: Warum Hitler? Warum einem Menschheitsverbrecher so eine Plattform geben? Obendrein einem, der sowieso noch ausreichend Fans im Land hat. Warum nicht einmal was wirklich Provokantes rausknallen, wie: "Die Fahrgäste dieses Zuges müssen beim Aussteigen dem Schaffner ihren Führerschein aushändigen. Bei Weigerung erfolgt die Weiterfahrt nach Budapest." Oder: "Hier spricht der Lokführer. Entweder alle machen jetzt zehn Minuten lang Kniebeugen, oder ich bleib in St. Pölten stehen." Oder einfach einmal die Einstellung sämtlicher Regierungsinserate in den Boulevardmedien des Landes verkünden. Das wäre einmal provokant! Und gar nicht so deppert.
Hier die jüngsten Ausgaben
Alle Ausgaben
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- Einsilbig nach Österreich 20.09.2023
- Wer soll das machen? 16.09.2023
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- Das Schweigen der Gelder 06.08.2023
- Wo gehört man hin, wo kommt man her? 02.08.2023
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- Ist das noch normal? 16.07.2023
- Vom Amts wegen 08.07.2023
- Vom Anfangen und Enden 04.07.2023
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- What's Tina got to do with it? 02.06.2023
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- Besser als 05.05.2023
- Tu felix austria scribe 28.04.2023
- Medienlandschaftspflege 21.04.2023
- Die Maschine und wir 15.04.2023
- Grundsicherung Grillparzer! 07.04.2023
- Vorwärts! 31.03.2023
- Griff ins Klo 24.03.2023
- Bewegung auf der Stelle 10.03.2023
- Die gar nicht so geheime Weltregierung 24.02.2023
- Neutralisierungen 24.02.2023
- Ski Unheil 17.02.2023
- Der Kommerziar geht um 10.02.2023
- Die Geschichte der Welt nach G. Waldhäusl 03.02.2023
- Wahlberichtigungserstattung 27.01.2023
- Das Leben danach 20.01.2023
- Daham bleibt daham 13.01.2023
-
Das Leiwandste 06.01.2023
-
Was wird das Jahr bringen 30.12.2022
- Gaben, die von Herzen kommen 23.12.2022
- Keep Smiling 16.12.2022
- Adel verdichtet 09.12.2022
- Mein Helpdesk 02.12.2022
- Habt Acht! 25.11.2022
- Über Flüssigkeiten 18.11.2022
- Transparenz 11.11.2022
- Es wird heller, doch nicht ganz 4.11.2022
-
Platz da! 28.10.2022
- Nach dem Licht 21.10.2022
- Dumme Schärfe 14.10.2022
- Quanten und Qual 07.10.2022
- Der Erklär-Wer 30.09.2022
- Mars macht mobil 23.09.2022
- Kultur, porentief rein 16.09.2022
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- Random Russia 2.09.2022
- Real Austria 26.08.2022
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- Läuft wie geschmiert 05.08.2022
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- Die Lebenswerte 17.6.2022
- Wie bitte? 17.6.2022
-
Mephisto, Redl und die österreichische Seele 10.6.2022
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- Wahrheit für alle! 21.01.2022
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-
Lost & Found 07.01. 2022
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- Draußen vor der Tür 20.11. 2021
- Aus dem Meer ins Herz 12.11. 2021
- Happycalypse 05.11. 2021
- Jung sein ist auch nicht nur schön 29.10. 2021
- Wo-samma-daham-Tag 22.10. 2021
- Demokratie fürs Smartphone? 15.10. 2021
- Morgen? Rot 01.10. 2021
- Wahlfanggebot 24.09.2021
- Es ist ein harter Job, aber einer muss ihn machen 17.09. 2021
- Immer wieder, immer wieder ... 13.09. 2021
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- Wiederholungstäter 27.08. 2021
- Das Leben der Anderen 20.08.2021
- Net so genau 13.08. 2021
- Weltunkultur 06.08. 2021
- Sag zum Abschied leise "Hallo!" 30.07. 2021
- Auto-kratie 23.07. 2021
- Doctor Joy und Mister Dosko 16.07. 2021
- Wenn ich das gemacht habe, dann ... 09.07. 2021
- Generation "Gefällt mir nicht" 25.06. 2021
- Wie früher 18.06.2021
- Fussballistik 11.06.2021
- Weltmacht im Verborgenen 28.05 2021
- Die weiße Eminenz 21.05.2021
- Immunität und Allergie 14.05.2021
- Tag der Meinungsbefreiung 08.05.2021
- Krakau ist überall 16.04.2021
- Neue Worte in alten Schläuchen 09.04.2021
- Vor dem Hahnenschrei 02.04.2021
- "Homs scho an Neistort gmacht?" 26.03.2021
- Freud und Leut' 19.03.2021
-
I am not from Austria 12.03.2021
-
Les Histoires d'amour... 05.03.2021
-
Kurz angedacht 26.02.2021
- Willi für alle! 19.02. 2021
- Commedia de la moneta 12.02. 2021
- Molloch vs. Molkerei 05.02. 2021
- Weg von den Grünen 29.01. 2021
- Ich bin's, Dein Bürgermeister 22.01. 2021
- Gut dossiert 15.01. 2021
- Das Auge Gottes 08.01. 2021
- Das Jahr in 51 Stichworten 01.01. 2021



